Traumdeutung - Recht & Gesetz

Wer hat nicht schon einmal geträumt, mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen? Fast jeder Mensch, statistisch gesehen, hatte irgendwann in seinem Leben den verstörenden Traum, einem Gericht vorgeführt zu werden und vielleicht gar nicht zu wissen, warum. Aus solchen Visionen schuf Franz Kafka seine unsterbliche Prosa in Romanen wie „Der Prozess“, wo eine übermächtige Justiz und Bürokratie den Menschen schuldig spricht bis zum Beweis des Gegenteils. Doch nicht nur Ängste vor einem kafkaesken Behördenapparat können uns bis in den Schlaf verfolgen, aus psychologischer Sicht sind Träume, in denen wir selbst etwas angestellt haben und zum Täter werden, Ausdruck eines Schuldgefühls oder unterdrückter Aggressionen. Auch die konkreten Personen der Justiz spielen eine Rolle: der Richter ist eine Autoritätsfigur und eine so genannte „archetypische Gestalt“, nach der Archetypen-Lehre von Carl Gustav Jung. Archetypen bedeuten Grundfiguren des menschlichen Daseins, die von allen Kulturen gekannt und anerkannt werden. Dem Richter vorgeführt zu werden ist auch ein Sinnbild für die eigene innere Gewissenserforschung. Sind Sie schuldig oder unschuldig? Oder haben Sie ein Alibi? Denken Sie aber daran, dass nicht jedes Verbrechen auch wie ein Verbrechen aussehen muss – Judas beging Verrat mit einem Kuss…

Wenn wir selbst im Traum Täter sind und uns eines Verbrechens schuldig machen, ist die Art des Delikts entscheidend für die Traumanalyse. Sind wir selbst im Traum ein Dieb, soll das auf tief wurzelnde Ängste und Schuldgefühle hinweisen. Fürchten wir, nicht mehr genug zu essen zu bekommen, so dass wir Mundraub begehen? Oder planen wir irgendeine fürchterliche Rache – und wenn ja, warum? Wo auch immer wir zum Dieb werden, deutet das darauf hin, dass wir innere Hemmungen haben und nicht genug an uns glauben, das Leben aus eigener Kraft meistern zu können – oft spielt auch Eifersucht auf die, die es angeblich besser haben als man selbst, eine Rolle. Wen haben wir bestohlen und um was, führt zu der Frage, welche Eigenschaften oder Güter uns im Wachleben vermeintlich mangeln. Auch der Betrug ist ein wichtiges Motiv im Themenkreis „Recht und Gesetz“: wenn wir selbst jemanden betrügen, zum Beispiel als Scheckbetrüger, Trickbetrüger oder Geldfälscher, planen wir im Wachleben vielleicht irgendeinen Coup? Sind wir vielleicht auch einer Situation – zum Beispiel im Job – gar nicht gewachsen und versuchen uns unbemerkt hindurch zu schwindeln? Oder sind wir gar als Heiratsschwindler im Traum unterwegs und kündigen so an, dass wir es mit der neuen Bekanntschaft definitiv nicht ernst meinen?

Sind wir jedoch im Traum Vergewaltiger, so bedeutet dass, dass wir in irgendeinem Lebensbereich mit Gewalt versuchen, unseren Willen ohne Rücksicht auf Verluste durchzusetzen. Der bedrückende Traum, in dem wir jemanden ermorden, weist psychologisch darauf hin, dass wir viel Frustration und Aggression in uns aufgespeichert haben. Wen ermorden wir im Traum? Einen Bekannten, einen Partner, einen Prominenten, einen Vorgesetzten, einen Fremden, ein Phantom? Was wollen wir uns also durch einen Mord symbolisch fernhalten oder völlig aus der Welt schaffen? Alle Kulturen der Welt verurteilen den Mord als Kapitalverbrechen, und wenn wir uns im Traum eines solchen schuldig machen, müssen wir uns fragen, ob wir vielleicht massive Schuldgefühle haben. Sind Sie ein Out-Cast der Gesellschaft? Haben Sie wegen irgendetwas, was Sie vor langer Zeit getan haben, Gewissensbisse? Oder ist eine Situation im Wachleben einfach so unerträglich geworden, dass Sie den Gegner am liebsten eliminieren würden, koste es, was es wolle, legal oder illegal?

Interessant ist auch die oft folgende Situation vor unserem Richter, der in der Psychoanalyse Freuds stets eine Vaterfigur darstellt und unser Verhältnis zu Autoritäten wie dem realen Vater, dem Chef im realen Leben ausdrückt. Ist der Richter fair oder unfair, vielleicht sogar befangen oder – im schlimmsten Fall – korrupt und bestochen? Die Art und Weise, wie der Richter sich im Traum uns gegenüber verhält, sagt viel über unser Rechtsbewusstsein und unser Vertrauen in die Umwelt aus, welches gut und stabil ist, wenn der Richter gerecht ist, aber gebrochen und instabil, wenn wir es mit einer korrupten Person oder Behörde zu tun haben. Müssen wir sogar ins Gefängnis gehen? Das Gefängnis ist in der Bildsprache des Traums ein Ort der totalen Blockade, des Nichts-Geht-Mehr-Gefühls wie im Kipper-Kartendeck. Vielleicht können wir uns aber freikaufen…


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